Die Siebenbürger Sachsen in Kanada

Amerika war schon lange vor dem ersten Weltkrieg das bevorzugte Auswanderungsland. Sowohl die Emigranten, die der Enge Siebenbürgens entkommen wollten als auch die in finanziellen Schwierigkeiten steckten, versuchten Ihr Glück im sogenannten "Freien Land". Viele kamen nur um genügend Geld zu verdienen, womit sie dann zurückkehrten und die alten Schulden zurückzahlten oder Geld neu investierten.

Das damalige Kanada, mit seiner kleinen Bevölkerungszahl und landwirtschaftlichem Charakter, hatte nicht gleiches anzubieten. Die Einwanderer suchten kein neues Besiedlungsland, sondern nur die Gelegenheit, Geld zu verdienen, währenddessen Kanada bemüht war neue Siedler anzulocken, die auch bleiben wollten, um das riesige Land zu bewirtschaften. Sogar nach dem 1. Weltkrieg, als es immer schwieriger wurde in die USA einzureisen, haben wenige Kanada in Betracht gezogen. Die wenigen, die sich für Kanada entschieden, arbeiteten für kurze Zeit auf den Getreidefarmen, Zuckerrohr- und Tabakplantagen. Später fanden sie dann Arbeit in der Industrie im Süden Ontarios.

Die Zwillingsstädte Kitchener-Waterloo, gegründet von deutschen Mennoniten und mit vorwiegend deutscher Bevölkerung, Lebensweise und Kultur, sollte den größten Teil dieser Einwanderer anziehen. Die meisten Siedlungen hatten deutsche Kirchen und Singvereine, die durch ihren Charakter und Ihre Aktivitäten eine heimatliche Atmosphäre schufen. Viele Einwandere fühlten sich ermutigt, sich hier niederzulassen und Ihre Familien nach Kanada zu holen. Die Einwanderungszahlen waren 1928-1930 am höchsten.

Die Neuankömmlinge sahen in ihrer neuen Heimat schweren Zeiten entgegen, da die amerikanische Depression auch Kanada nicht verschonte. Durch seine landwirtschaft- liche Struktur gab es sehr wenige soziale Einrichtungen, die diese Menschen finanziell und moralisch unterstützen konnten. Die Siebenbürger Sachsen kamen aber aus einer Region, wo komunales Denken und Nachbarschaftshilfe ein Teil ihres Lebens bildete, überliefert durch ihre Tradition und Erziehung. Folglich war es selbstverständlich, daß eigene Vereine gebildet wurden, um sich gegenseitig in schwierigen Zeiten zu helfen. Sie folgten den amerikanische Vorbildern und gründeten die "Transylvanian Saxon Sick Benefit Societies" (Siebenbürger Sachsen Krankenunterstützungsverein) und die "Burial Funds" (Beerdigungsfonds), deren Hauptzweck in der gegenseitige Hilfe lag. Derartige Vereine wurden in Kitchener und Windsor ins Leben gerufen. Während der Zeremonie zur Einweihung der Vereinsfarben im Jahr 1936 wurde die Bildung von zwei weiteren Vereinen angekündigt, der eine in Hamilton, Ontario, der zweite in Winnipeg, Manitoba. Diese lösten sich aber in kurzer Zeit wieder auf.

In den folgenden Jahren wurden soziale Aktivitäten, wie Singen, Tanzen, Theater, etc. eingerichtet. Die Frauen organisierten die Frauenvereine, wodurch sie nicht nur neue Freunde fanden und gemeinsame Aktivitäten veranstalteten, sondern auch anderen Organisationen Ihre Hilfe und Unterstützung anboten. Zum Beispiel wurden an Samstagen Kinder in ihrer deutschen Muttersprache unterrichtet. Langsam aber sicher wuchs die Überzeugung in der neuen Heimat zu bleiben, was zur Wiedervereinigung von vielen Familien führte.

Die Entwicklung eines ethnisch sozialen Lebens hatte gerade begonnen als der 2.Weltkrieg ausbrach. Dadurch wurde jede deutsche Selbstdarstellung in Kanada verhindert, speziell als zeitweilig ein Versammlungsverbot verhängt wurde. Für Jahre trauten sich die Menschen nicht, deutsch zu sprechen. Erst ind 50er Jahren, mit der neuen Einwanderungswelle, bekam das nationale Selbstbewußtsein und die ethnische Solidarität frische Impulse. Die neuen Einwanderer gehörten zu einer verschiedenen Generation von Sachsen. Heimatlos, durch die Kriegs- und Nachkriegsjahre ihres Hab und Gutes enteignet, suchten sie eine neue Heimat und eine zweite Chance auf ein neues Leben für ihre Familien. Die Erfahrungen seit dem Verlassen Siebenbürgens machte der Gruppe noch bewußter, daß Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe notwendig sind. Der Großteil war noch jung und bereit hart zu arbeiten. Manche hatten trotz der Kriegserlebnisse ihren Idealismus nicht verloren.

Die meisten Einwanderer wollten natürlich in den Regionen ansiedeln, in denen schon Ihre Verwandte und Freunde ansässig geworden waren. Dadurch bekamen die Vereine in Kitchener-Waterloo, Windsor und Aylmer großen Zuwachs. Sogar die kleineren Gruppen in Toronto, Hamilton, Winnipeg und Vancouver vermerkten steigende Zahlen. Der Großteil der Neuankömmlinge bevorzugte es in der Industrie, Wirtschaft oder im Baubereich zu arbeiten, obwohl sie einen landwirtschaftlichen Hintergrund hatten. Die einzige Ausnahme stellten die Farmer im sogenannten "Tabakgürtel" im Süden Ontarios. Etliche Sachsen wurden hier, begünstigt durch ihren Hintergrund, zu erfolgreichen Tabakfarmern.

Intelektuelle dagegen, hatten einige Schwierigkeiten sich zu etablieren, hervorgerufen durch die Nichtanerkennung ihrer europäischen Schul- und Studienabschlüsse. Der Teil, der es sich finanziell leisten konnte, mußte wieder die Schulbank drücken, um die geforderten kanadischen Standards zu erreichen. Finanziellen Probleme und die sprachlichen Barrieren machten die Ausbildung aber äußerst schwierig.

Der Wunsch einen ethnischen Lebensstil in Kanada zu erhalten, war und ist nahezu unmöglich. Während die Regierungspolitik für Multikultur den Erhalt von heimatlicher Identität und Tradition ermutigt, arbeitet das einsprachige Schulsytem entschieden dagegen. Auf diese Weise wird es schwierig die Traditionen und Gebräuche zu erhalten und diese auf weitere Generationen zu übertragen.



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